
DDer Medienkonzern Axel Springer will seine Reichweite in den USA deutlich ausbauen. CEO Mathias Döpfner sagte in einem Interview mit einer deutschen Nachrichtenagentur: „Heute sind wir gemessen an der Reichweite der viertgrößte Verlag in den USA. Wir haben dort in den letzten 15 Monaten 400 Journalisten eingestellt.“ Auf die Frage, wo Springer in fünf Jahren steht, sagte der 60-Jährige: „Wir wollen in den USA weiter wachsen. Du kannst vom 4. zum 3. gehen, vom 3. zum 2., vielleicht sogar eines Tages vom 2. zum 1.. Es ist nicht unmöglich.“
Döpfner erklärte: „Politico wird in den USA, aber auch in Europa expandieren und kann zu einer echten internationalen Marke werden.“ Mit Insider sind Sie bereits in 19 verschiedenen Ländern. „Vielleicht kaufen wir auch neue journalistische Angebote ein. Und gründe dein eigenes Unternehmen.”
Im Oktober 2021 schloss Springer die Übernahme des US-amerikanischen Digitalmedienkonzerns Politico ab – die größte Übernahme in der Unternehmensgeschichte. Auch die journalistischen Digitalmarken Insider und Morning Brew gehören zu Axel Springer. Die Gruppe, die in Deutschland vor allem für ihre Marken Bild und Welt bekannt ist, beschäftigt nach eigenen Angaben inzwischen weltweit 3.400 Journalisten, mit einer wachsenden Zahl in den USA. Döpfner sagte: „Das sind doppelt so viele Journalisten wie die New York Times oder das Wall Street Journal und mehr als die BBC und News Corp.“
2022 erzielte Springer trotz Krisen wie Ukrainekrieg, Energie und Inflation einen Umsatz von rund 3,9 Milliarden Euro und einen Gewinn von rund einer dreiviertel Milliarde Euro. Das sei mehr als ursprünglich geplant, sagte der Vorstandsvorsitzende. 85 Prozent des Umsatzes und mehr als 95 Prozent des Gewinns stammen aus dem digitalen Geschäft. Der Konzern mit derzeit rund 18.000 Mitarbeitern will sich – ohne Nennung eines genauen Datums – vom Print-Zeitungsgeschäft verabschieden und zu einem rein digitalen Unternehmen werden.
Springer zog sich 2020 von der Börse zurück und ging bereits 2019 eine Kooperation mit dem amerikanischen Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts (KKR) für beschleunigtes Wachstum ein. Das Jobbörsenportal Stepstone will Springer listen. Auf die Frage, wann er mit einem Rückzug von KKR aus der Gruppe rechne, antwortete der Springer-Chef: „Als sie dazukamen, sagten sie uns, sie hätten einen Zeithorizont von mindestens fünf Jahren, mehr als sieben, vielleicht zehn. Aber das ist im Moment kein Problem.“ Mit der Zusammenarbeit mit KKR sei man „äußerst zufrieden“.
Der Firmensitz ist in Berlin, ein Umzug nach Amerika kommt natürlich nicht infrage. „Der Wachstumsmotor des Mediengeschäfts von Axel Springer wird sich in den nächsten Jahren deutlich stärker in Amerika konzentrieren als in Deutschland oder anderen europäischen Märkten. Dass es dann so etwas wie einen weiteren Standort gibt – das ist selbstverständlich.» Gleichzeitig sagte der 60-Jährige: „Ich halte es für unwahrscheinlich, dass der Rechtsstandort formell von Berlin nach Amerika verlegt wird. Axel Springer ist ein transatlantisches Medienunternehmen.»
Unterdessen arbeitete die Gruppe in Deutschland an einer neuen Mediengeschäftsstruktur mit den führenden Marken Bild und Welt. Auf die Frage, ob es bei den beiden Marken zu betriebsbedingten Kündigungen komme, sagte Döpfner: „Eindeutig personelle Umschichtungen. An einem Ort ist weniger, an einem anderen mehr. Das bedeutet auch die Trennung von Mitarbeitern.” Er hat weder die Größenordnung noch den Zeitpunkt angegeben.
Seit Herbst werden die Strukturen der deutschen Medienwirtschaft vor dem Hintergrund beschleunigter Veränderungen in der Branche auf den Prüfstand gestellt. Die Auflage gedruckter Zeitungen ist seit Jahrzehnten rückläufig und das Digitalgeschäft gewinnt auch für den Konzern außerhalb des Journalismus an Bedeutung.
Erst kürzlich hat Springer das Programm des noch jungen Fernsehsenders Bild TV deutlich reduziert. Döpfner erklärte: „Im Nachhinein war dieses sehr ambitionierte Nachrichtensender-Konzept nicht die richtige Idee.“ Der TV-Sender startete im August 2021, die Zuschauerzahlen liegen unter den Erwartungen.
Springer will Bild als Deutschlands größte Boulevardmarke halten. Auf die Frage, ob es für sie denkbar sei, sich von Bild zu trennen, antwortete die 60-Jährige: „Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Das Bild ist Teil der DNA von Axel Springer.»
Zur personellen Verwirrung um Chefredakteur Bild und neuen Mitherausgeber Robert Schneider, ehemals Chefredakteur des Focus, sagte Döpfner: „Wir freuen uns sehr auf ihn. Wann genau er kommen wird, wissen wir noch nicht, denn Burda muss erst über seine Nachfolge entscheiden.”
Die Medien berichteten, dass Schneiders Firma einen Drogentest beantragt habe. Döpfner kritisierte: „Dass wir wie viele andere international tätige Unternehmen für bestimmte Führungspositionen bestimmte Anstellungsvoraussetzungen definieren – dazu kann auch ein Drogentest gehören – das ist eine Sache. Aber die Art und Weise, wie es öffentlich gehandhabt wurde, war ein beispielloser Angriff auf die Persönlichkeit eines Einzelnen.” Die Praxis der Drogentests zu Hause sei eine “neue, international verbreitete Entwicklung”.
Der Springer-Chef ging im Interview nicht auf den Skandal um den entlassenen ehemaligen „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt um die Vorwürfe des Machtmissbrauchs ein, die er zurückwies: „Wir haben viel gelernt und verändert Kulturentwicklung bei Bild. Ansonsten könnte ich nur wiederholen, was wir schon so oft gesagt haben. Und das will ich nicht mehr. Damit sind wir auch nach zwei Jahren fertig und es ist legitim. »