
EEine kleine friedliche Weihnachtsbotschaft von Bautzens Landrat Udo Witschas zur Flüchtlingsunterkunft hat in Thüringen für Aufsehen gesorgt. In einem am Dienstagabend auf Facebook geposteten Video sagte der CDU-Politiker unter anderem, dass Flüchtlinge im Landkreis nicht in Fitnessstudios oder in dezentralen Unterkünften untergebracht werden sollten.
„Es ist nicht unsere Absicht, den Sport, egal ob Schul- oder Freizeitsport, für diese Asylpolitik verbluten zu lassen“, so Witchas weiter. Zudem wolle das Landratsamt nicht, „dass Menschen, die zu uns kommen, die unsere Kultur nicht kennen, die unsere Vorschriften nicht kennen, hier in Wohnhäusern und leerstehenden Wohnungen unterkommen und eine Gefährdung des sozialen Friedens in Kauf nehmen“.
Diese Wege wolle das Landratsamt nicht gehen, betonte der CDU-Kreisgeschäftsführer in seiner Weihnachtsbotschaft. In den vergangenen Tagen erreichten ihn zahlreiche Anfragen etwa aus Hoyerswerda, wo zuletzt über die zentrale Unterbringung von Flüchtlingen diskutiert wurde. Der Bezirksrat lehnte dies jedoch ab.
Ministerpräsident Ramelow verweist auf die Weihnachtsgeschichte
Kritik an der Botschaft kam von verschiedenen Seiten, unter anderem von der Bundes-CDU, Witschs eigener Partei. Diese Äußerungen wurden dort scharf kritisiert. „Von der Wortwahl des Landrats Bautzen distanzieren wir uns ausdrücklich“, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er sprach ausdrücklich im Namen von Parteichef Friedrich Merz, dem gesamten Vorstand der Bundespartei “und der Christdemokraten in Deutschland”.
Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) äußerte sich kritisch: Ein CDU-Mitglied erklärt den Bürgern, warum Schutzsuchende eine leerstehende Wohnung nicht betreten dürfen, wünscht dann „Frohe Weihnachten“. „Er hat die Weihnachtsgeschichte nicht verstanden! Wirklich nicht!” Ramelow twitterte.
Die Linken-Politikerin Caren Lay bezeichnete es als „unglaublich“, wie der Bezirksvorsteher die Angst der Asylbewerber schüre, anstatt offensiv gegen den Rechtsruck vorzugehen.
Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig sprach am Mittwoch von einem “Riesenereignis”. CDU-Chef Friedrich Merz sagte, er distanziere sich von allen rechtsextremen Aktivitäten. „Dasselbe erwarte ich auch hier in Sachsen“, betonte der SPD-Politiker. Er wies auch darauf hin, dass die Landesregierung an einem Maßnahmenpaket arbeite, um Sachsen für Zuwanderung attraktiv zu machen. „Als Weihnachtsrede getarnte Hassreden sind das Gegenteil von dem, was wir brauchen.“ CDU-Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow stimmt Dulig grundsätzlich zu. Jemand wolle ein Klima schaffen, das für Menschen aus anderen Ländern attraktiv sei – alles, was dagegen gehe, sei schädlich, sagt Gemkow.
Die örtliche CDU war bereits vergangene Woche in die Kritik geraten, nachdem die CDU-Mehrheit im Kreistag Bautzen den flüchtlingspolitischen Vorschlag der AfD gebilligt hatte. Es ging um Integrationsleistungen für Asylsuchende, die das Land verlassen müssen.
Der CDU-Politiker beklagt, dass seine Aussagen verzerrt seien
Sam Witschas ging am Mittwochnachmittag erneut zu Facebook und weigerte sich, die Kritik anzunehmen. Insbesondere seine Äußerungen seien in den sozialen Netzwerken in „deutlich gekürzter Fassung“ wiedergegeben worden. Allerdings beziehe sich sein Video „nicht auf die Unterbringung von Asylbewerbern im Allgemeinen“, sondern konkret auf den Beschluss des Kreistages vom 12. Dezember 2022, der die geplante weitere Gemeinschaftsunterkunft in der Stadt Hoyerswerda ablehnte. Er habe nur, Zitat, „die mir gegenüber von Sportvereinen und Mietern in der Stadt Hoyerswerda geäußerten Bedenken“ weitergegeben.
“Die Behauptung, Asylsuchende würden generell als irregulär angenommen und generell abgelehnt, trifft nicht zu”, schreibt Witschas. Der Landkreis wird „selbstverständlich“ seinen humanitären und rechtlichen Auftrag der Unterbringung erfüllen. Er plädiert diesbezüglich aber persönlich für die „Unterbringung in Wohnanlagen mit sozialer Betreuung und Eingliederungshilfe“ statt der bloßen Bereitstellung von Wohnraum. Der Landkreis Hoyerswerda hat ein solches Projekt bereits erfolgreich umgesetzt.
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) verteidigte seinen Parteifreund Witschas gegen Kritik. Die Nachricht sei zwar „störend“, aber auch „abgeschnitten“. Aufklärung folgt. In diesem Fall ist es aber richtig, dass Flüchtlinge nicht in Turnhallen untergebracht werden sollten. Kretschmer sagte im WELT-Fernsehsender:
„Erstens ist diese Meldung gekürzt – und das erweckt einen völlig falschen Eindruck. Jetzt werden sie es in den nächsten Minuten wieder aufräumen. Es ist richtig, dass Menschen, die Schutz suchen, eine angemessene Unterkunft bekommen. Und es ist richtig, dass wir versuchen, Fitnessstudios zu meiden. Denn es betrifft auch die Infrastruktur in Deutschland – die soziale Infrastruktur – in einer Weise, wie es nicht sein muss. Wir müssen versuchen, an anderen Orten eine Unterkunft zu organisieren. Das ist auch der Hintergrund dieser Botschaft.“
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