
Die Kosten für die Corona-Warn-App steigen auf mehr als 220 Millionen Euro


Bis Anfang des Jahres hatte die App mehr als 130 Millionen Euro gekostet
Quelle: Getty Images/Sean Gallup
Die App wurde im Juni 2020 gestartet, um Infektionsketten in der Pandemie besser nachverfolgen zu können. Die Kosten für technische Hilfsmittel sind in diesem Jahr höher als zu Jahresbeginn prognostiziert. Weitere Millionen werden nächstes Jahr zur Verfügung gestellt.
mCorona-Warn-App war noch nie: billig. Jetzt steigen die Kosten weiter. Auf Anfrage von WELT AM SONNTAG teilte das zuständige Bundesgesundheitsministerium mit, dass die für 2022 vorgesehenen 50 Millionen Euro nicht ausreichen. Für den „Betrieb und die Weiterentwicklung“ der Anwendung seien in diesem Jahr „Kosten in Höhe von 73 Millionen Euro zu erwarten“, so ein Vertreter.
Aufgrund der “noch immer dynamischen Pandemielage und des möglichen Anstiegs der Fallzahlen in den Wintermonaten” sei entschieden worden, den Antragsbetrieb fortzusetzen, so das Gesundheitsministerium weiter. Die „entsprechenden Verträge“ werden nach Angaben des Ministeriums bis zum 31. Mai 2023 verlängert. Für die Fortsetzung der Umsetzung der Corona-Warnung im Geschäftsjahr 2023 werden nach Angaben des Sprechers Mittel in Höhe von rund 23 Millionen Euro benötigt.
Die App wurde im Juni 2020 veröffentlicht, vor allem um Infektionsketten besser nachvollziehen und schneller unterbrechen zu können. Bis Anfang des Jahres hatte die App mehr als 130 Millionen Euro gekostet. Zusammen mit den Ausgaben für 2022 belaufen sich die Gesamtkosten für technische Hilfe nun auf rund 220 Millionen Euro.
Dass es auch günstiger geht, zeigen andere Länder, die Tracking-Apps nach dem gleichen Prinzip wie das deutsche entwickelt haben. Finnland gibt „knapp sechs Millionen Euro“ für die App „Koronavilkku“ aus, die diesen Sommer nicht mehr funktioniert. Das teilte das zuständige finnische Institut für Gesundheit und Soziales auf Anfrage mit. Das sind nicht einmal 3% der deutschen Kosten.
Auch in den Niederlanden ging es deutlich günstiger zu: Die App „CoronaMelder“ kostete fünf Millionen Euro Entwicklungskosten und weitere 9,7 Millionen Euro für den Betrieb bis Ende 2021.
Mit rund 47,8 Millionen Downloads schneidet Deutschland im internationalen Vergleich sehr gut ab. Es gibt jedoch keine Daten darüber, wie viele Personen die Contact-Tracing-App tatsächlich ständig nutzen.
Für Gesine Lötzsch, Vizepräsidentin und Haushaltssprecherin der Linkspartei, ist die App “ein Fass ohne Boden”. Ihre Erfahrungen damit seien „nicht sehr positiv“. “Das Geld wäre sicherlich besser ausgegeben, um überlastete Gesundheitsbehörden zu unterstützen.”
Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, betont hingegen, dass der Vollzug ein zentrales Element der Pandemiebekämpfung bleibe. Allerdings wünscht er sich vom Ministerium „größtmögliche Transparenz über vergangene und künftige Kosten“. Nicht zuletzt sei im Rahmen der „nicht unerheblichen Kosten“ auch „jetzt sehr genau zu überlegen“, wie man „auch in Zukunft einen sinnvollen Beitrag leisten“ könne. Die Zivilgesellschaft, die „ihre Expertise bezahlt“ hat, muss einbezogen werden.