
«Es ist nicht ungewöhnlich, dass kleinere Pilotstudien stärkere Effekte zeigen als grössere, gut kontrollierte Studien», kommentiert Katrin Preller vom Institut für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Universität Zürich die Ergebnisse gegenüber dem Science Media Center ( SMC). »Es überrascht nicht, dass bei psychiatrischen Erkrankungen nicht alle Patienten gleichermaßen profitieren. In Zukunft muss also besser erforscht werden, wer von der Therapie profitiert und wer nicht.«
Wie Psilocybin wirkt
Psilocybin wird im Körper schnell in Psilocin umgewandelt – die psychoaktive Form der Substanz. Das Molekül durchdringt die Blut-Hirn-Schranke und dockt im Gehirn hauptsächlich am Serotonin-Rezeptor 5-HT2A an. Die ersten Wirkungen treten etwa 20 bis 40 Minuten nach dem Konsum ein: Die Wahrnehmung von Raum und Zeit verändert sich. Anders als herkömmliche Antidepressiva dämpft Psilocybin nicht das Gefühlsleben, sondern intensiviert Emotionen und Sinneswahrnehmungen. Dies hängt wahrscheinlich mit der Hemmung bestimmter Hirnregionen zusammen: Unter dem Einfluss von Psilocybin ist der Thalamus weniger aktiv. Es ist eine Art neuronaler Filter, der darüber entscheidet, welche Reize ins Bewusstsein dringen.
Halluzinogene können bei Menschen, die dafür prädisponiert sind, Psychosen auslösen. Kritiker sehen darin die größte Gefahr des Einsatzes von Psychedelika in der Psychotherapie. Andere glauben, dass bei einer sorgfältigen Auswahl der Patienten der Nutzen das Risiko überwiegt. Allerdings sollten gerade psychisch instabile Menschen niemals mit der Substanz selbst experimentieren.
Eine zulassungsrelevante Psilocybin-Studie ist in Vorbereitung
Auch Nebenwirkungen wurden in der Studie untersucht. Etwa drei Viertel aller Probanden litten nach der Einnahme unter Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel. Suizidgedanken, suizidales Verhalten oder Selbstverletzung traten in allen Dosisgruppen auf. Laut der Firma Compass Pathways soll trotz der eher nüchternen Ergebnisse bald eine Phase-III-Zulassungsstudie beginnen.
„Die Fortführung der klinischen Prüfung ist sicherlich gerechtfertigt“, sagt Gerhard Gründer vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim gegenüber dem SMC. Obwohl die Ergebnisse bei weitem nicht so positiv sind, wie die ersten kleinen offenen Pilotstudien vermuten ließen, zeigen sie deutlich, „dass Psilocybin bei behandlungsresistenter Depression wirksamer ist als Placebo“. zweite Dosis und dann wahrscheinlich weitere Dosen, um eine nachhaltige Verbesserung zu sehen. »Dies kann aber nur sinnvoll durchgeführt werden, wenn die Therapie in eine systematische psychotherapeutische Begleitung eingebettet ist. Das Behandlungsmodell von Compass Pathways bietet dies derzeit nicht.«