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Deutschland sollte bei Künstlicher Intelligenz eine globale Führungsrolle einnehmen. Das war zumindest der Wunsch der ehemaligen Großen Koalition in der Bundesregierung. Was ist passiert;
Am 15. November 2018 hat das jüngste Bundeskabinett der GroKo eine Strategie zur künstlichen Intelligenz beschlossen. Damit wolle er Deutschland als Standort für Forschung, Entwicklung und Anwendung Künstlicher Intelligenz im internationalen Wettbewerb stärken.
Für die Umsetzung der sogenannten KI-Strategie wollte die Bundesregierung bis 2025 insgesamt fünf Milliarden Euro bereitstellen. Daher wurden für die Bundeshaushalte 2019, 2020 und 2021 jeweils 500 Millionen Euro und mit dem Konjunkturpaket und dem Zukunftspaket weitere zwei Milliarden Euro für die KI-Förderung bereitgestellt.
In der Zahlenwelt vor Corona waren diese Zahlen durchaus beachtlich. Mit dem Coronavirus und der anschließenden, durch Sanktionen gegen Russland angeheizten Energiepreiskrise geht es für die öffentliche Hand jenseits von KI um ganz andere Beträge.
Diese zielen in der Regel nicht auf neue Felder ab, sondern versuchen, den Status quo zu erhalten. Bedenkt man nun, dass die KI-Strategie insgesamt zwölf Handlungsfelder umfasst, relativieren sich die damals beschlossenen Beträge noch mehr.
Die Bundesregierung verfolge mit ihrer KI-Strategie einen sogenannten ganzheitlichen Ansatz. Der Fokus lag auf dem Auf- und Ausbau von KI-Ökosystemen in Deutschland und Europa. Ziel war es, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in allen Bereichen zu verstärken und gleichzeitig die Sichtbarkeit exzellenter Initiativen und Strukturen zu fördern.
Die verantwortungsvolle und gemeinwohlorientierte Entwicklung und Umsetzung von Systemen der künstlichen Intelligenz soll zum festen Bestandteil und damit zum Markenzeichen einer „KI Made in Europe“ werden. Darüber hinaus standen die Themen Pandemiebekämpfung, Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz sowie nationale und internationale Vernetzung im Mittelpunkt verschiedener Initiativen.
KI made in Germany
Offenbar hat die Bundesregierung inzwischen erkannt, dass „Made in Europe“ keine in den USA anerkannte Herkunftsangabe ist und so wurde bald die Bezeichnung „AI made in Germany“ übernommen.
Deutschland soll nun weltweit führend und vor allem ein attraktiver Standort für die klügsten Köpfe der Welt im Bereich der künstlichen Intelligenz werden. Damit steht Deutschland in der globalen Welt jedoch nicht alleine da. Auch viele andere Länder haben Programme aufgelegt, um die Entwicklung und den Einsatz künstlicher Intelligenz zu fördern.
Der internationale Wettbewerb um die Technologie hat sich verschärft, insbesondere angeheizt durch den Wettbewerb zwischen den USA und China (siehe: Metaverse in China: Boss-Ausgabe). Der indische Subkontinent, der meist nur als Softwarelieferant amerikanischer Unternehmen gesehen wird und den Vorteil hat, dass sich die englische Sprache in der Kolonialzeit etabliert hat, ist in diesem Zusammenhang bislang völlig aus dem Fokus politischer Überlegungen geraten.
So wie China als umfangreiche Werkbank der Industrieländer seine Aufholjagd im Hardwarebereich gestartet hatte, könnte auch Indien aus dem reinen Zulieferermodus ausbrechen und zum Global Player der softwarebasierten künstlichen Intelligenz werden.
Wo kann Deutschland im Bereich Künstliche Intelligenz Erfolge vorweisen?
Nur in einem der zwölf im Jahr 2018 identifizierten Handlungsfelder hat Deutschland Fortschritte gemacht. Das ist die öffentliche Forschungsförderung im Bereich der Hochschuleinrichtungen.
Dadurch wurden diese auch für Studierende aus dem Ausland attraktiv. Interessant ist in diesem Zusammenhang, woher ausländische Studierende kommen und ob sie ihr erworbenes Wissen auch nach Abschluss ihrer Hochschulausbildung in Deutschland anwenden.
In seinem Edit von “Deutschland als KI-Standort: Destination or Hub?” folgt den Wegen von Menschen, die im Bereich der KI arbeiten. Die Auswertung zeigt, dass die deutsche KI-Forschung auch international vernetzt ist.
Damit haben mehr als die Hälfte der Promovierenden an deutschen KI-Lehrstühlen ihr Studium im Ausland abgeschlossen. Herkunftsländer sind EU-Mitgliedstaaten mit 9 %, Indien mit 9 %, China mit 7 %, Iran mit 5 % und Russland mit 3 %.
Während die Zahlen für Indien und China im erwarteten Rahmen liegen, tauchte der schiitische Iran hier offenbar nicht auf, weil man das Land unter westlichen Sanktionen als grundsätzlich wissenschaftlich rückständig ansehen wollte und sich nur auf bestimmte intellektuelle Führer konzentrierte, nicht aber auf grundsätzliche Technikfreundlichkeit von Religion und Bevölkerung.
Interessant ist auch die Verteilung ausländischer Promovierender auf die Hochschulstandorte in Deutschland. Saarbrücken, München, Tübingen und Darmstadt sind hier führend, während Berlin vergleichsweise wenige Promovierende mit ausländischen Abschlüssen angezogen hat.
Etwa ein Viertel der Promovierenden an deutschen Hochschulen bleibt nach dem Abschluss nicht in Deutschland, sondern wandert in die USA, nach Großbritannien oder in die Schweiz aus, wo globale Tech-Unternehmen mit großen KI-Budgets die Liste der Arbeitgeber dominieren.
Auch im Bereich der künstlichen Intelligenz hat sich der „Brain Drain“ offenbar mittlerweile etabliert. Deutsche Universitäten und Forschungsinstitute sind ein wichtiger Teil des KI-Talentpools, in den die großen Tech-Unternehmen hineinreichen.