

Konstantin Schwaab ist geladen – im wahrsten Sinne des Wortes: „Ich sehe mich durch Tesla in meinen Geschäften deutlich eingeschränkt“, sagt der genervte 44-Jährige im Interview mit Gründerszene. Schwab ist Gründer des Münchner Ladesäulenanbieters Wirelane. Sein Unternehmen fertigt und vertreibt Ladestationen für Elektroautos. Hauptkunden sind Hoteliers und Restaurants. Wirelane habe seit seiner Gründung im Jahr 2016 mehr als 11.000 sogenannte Ladepunkte für Kunden installiert, sagt Schwab.
Sie stellt den Kunden die Säulen kostenlos zur Verfügung, im Gegenzug für die Abrechnung der Abrechnungsprozesse erhält das Startup zehn Prozent der Einnahmen. Wachsendes Geschäft: Laut Konstantin Schwaab erwirtschaftet Wirelane einen Jahresumsatz im einstelligen Millionenbereich. Aber die Konkurrenz ist hart. Vor allem der E-Auto-Pionier Tesla, dessen Ladegeräte auch auf den Parkplätzen vieler Hoteliers und Restaurants installiert sind, wurde dem Gründer zuletzt unangenehm.
Brisanter Brief an Tesla-Kunden
Was ist passiert? Im Sommer verschickten Schwaab-Verkäufer einen brisanten Brief an Tesla-Kunden. Das Dokument ist verfügbar. Darin warnt das junge Unternehmen davor, Tesla-Ladegeräte zu betreiben. Diese seien nicht besonders wirtschaftlich: „Bei aktuellen Strompreisen verschenken viele Hoteliers mit Tesla Destination Chargern Strom im Wert von mehr als 10.000 Euro pro Jahr – oder rechnen Abrechnungsvorgänge nicht eichrechtskonform ab“, hieß es in ihm.
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In Deutschland muss jede Ladestation, an der Ladestrom pro Kilowattstunde abgerechnet wird, über einen eichrechtskonformen Zähler verfügen. Allerdings sind viele ältere Säulen, die Kunden bisher zum kostenlosen Aufladen nutzen konnten, nicht kalibriert – ein Wechsel auf einen kostenpflichtigen Dienst ist also nicht möglich. Wirelane versprach den Betreibern solcher Systeme daher in dem Schreiben „Upsells“ – und verwies auf die eigene Technologie: „Mit der Wirelane-Business-Lösung ersetzen wir Ihren veralteten Tesla Destination Charger durch hochmoderne Ladepunkte, die dem entsprechen Eichgesetz. Und das ab 0 €.
Aus Tesla-Sicht ist dies ein offensichtlicher Brief, der seinem Ruf eindeutig schadet, da der Elektroautobauer Ende Oktober das Startup abgemahnt hat. Die Aussagen seien gekürzt worden und stellten eine „vorsätzliche Schädigung des Rufs von Tesla“ dar, argumentierte ein Anwalt von Tesla. Zudem eignen sich die Äußerungen beispielsweise dazu, die Waren von Tesla zu verunglimpfen.
Im Interview mit Gründerszene stellt sich der Gründer von Wirelane, Konstantin Schwaab, anders dar. Er hält den Betrieb von Teslas Ladestationen in Deutschland für illegal und will nun juristisch gegen den milliardenschweren Konzern mit Sitz in Texas vorgehen. Wie, hat er uns im Interview verraten.
Konstantin, warum legst du dich mit einem Milliarden-Dollar-Unternehmen wie Tesla an?
Ganz einfach erklärt: Als Ladesäulenanbieter leisten wir einen wichtigen Beitrag dazu, dass ab 2035 niemand mehr auf ein Auto mit Verbrennungsmotor angewiesen ist. Tesla profitiert überdurchschnittlich von unserem Beitrag, da landesweit weniger Elektroautos ohne Ladeinfrastruktur verkauft werden. Ich persönlich finde es ärgerlich, dass wir jetzt eine rechtliche Abmahnung erhalten, obwohl wir wahrheitsgemäß auf einen technischen Mangel in der Ladeinfrastruktur von Tesla hingewiesen haben.
In einem Brief an Tesla-Kunden haben Sie ausdrücklich vor der Nutzung von Tesla-Ladegeräten gewarnt und gleichzeitig für Ihre eigene Technologie geworben. Wussten Sie nicht, dass Teslas Anwälte involviert sein könnten?
Nein auf keinen Fall. Zumal Tesla und sein Chef Elon Musk weiterhin wilde Behauptungen in der Öffentlichkeit aufstellen, etwa zum autonomen Fahren. Ich verfolge Tesla natürlich schon seit Jahren und bin schon lange fasziniert davon, wie das Unternehmen Bestehendes hinterfragt. Aber dass die Kandidaten dann ungeschickt gewarnt werden, das hat mich überrascht. Nicht nur, weil ich das von Unternehmen wie Daimler erwarten würde. Aber auch weil ich recht habe.
Sie sprechen die Tesla-Ladestationen an, die nicht eichrechtskonform sind.
Richtig. Wer sein Fahrzeug zum Beispiel an eine Tesla-Säule anschließt, kann sich nicht darauf verlassen, dass die exakte Strommenge geladen wird. Laut Eichgesetz ist dies in Deutschland jedoch seit 2019 Pflicht, daher brauchen Ladestationen einen Zähler, der den geladenen Strom genau misst. Tesla-Säulen haben keinen solchen Zähler, werden also illegal betrieben. Ich habe sicher nicht den Ruf von Tesla ruiniert, indem ich Kunden angeschrieben habe, sondern nur Fakten genannt habe.
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Wie, glauben Sie, hat Tesla Ihr Schreiben überhaupt verstanden?
Ein Kunde wollte nach der Lektüre unseres Schreibens wohl seinen Vertrag mit Tesla kündigen. Der Grund für die Trennung ließ Tesla wohl aufhorchen. Die Deals, die das Unternehmen mit Hoteliers und Restaurants gemacht hat, sind sowieso verrückt.
Wieso den?
Tesla hat die Nutzer vertraglich dazu verpflichtet, den Strom sozusagen an die Gäste abzugeben, im Gegenzug dafür die Wallboxen kostenlos zu erhalten. Vor vier Jahren war das sicherlich gerechtfertigt. Schließlich haben alle davon profitiert. Aber damals glaubte niemand, dass Strom eines Tages zwei- oder dreimal so viel kosten würde. Tesla-Ladestationen sind für Hoteliers mittlerweile ein finanzielles Risiko. Viele wollen aus Verträgen raus, wie der Erfolg unserer Kampagne zeigt.
kannst du ein paar Zahlen nennen
Im Nachhinein lässt sich schwer sagen, wie viele Abschlüsse aus der Briefaktion resultierten. Es kommen laufend neue Kunden hinzu. Was ich sagen kann: Die Resonanz auf den Brief war hervorragend und unsere Stangen werden von mehreren hundert Hotels und Restaurants verwendet. Es ist sicherlich noch nicht so weit verbreitet wie Tesla, aber zumindest haben wir ein Geschäftsmodell dahinter.
Denn Wirelane verdient an den Ladevorgängen eine Gebühr.
Nicht nur. Unternehmen können uns auch ihre Treibhausgasminderungsquote (Treibhausgasquote) zuweisen. Das sind sozusagen Emissionsrechte, die wir gewinnbringend an Mineralölkonzerne verkaufen können. Unser Geschäftsmodell basiert auf zwei Einnahmequellen.
Was bedeutet das für den Vertrieb?
Wir geben keine genauen Zahlen bekannt, aber wir bewegen uns im einstelligen Millionenbereich und wachsen jährlich um über 100 Prozent.
Und dennoch sehen Sie sich durch Tesla behindert?
Ja, denn unser Angebot wird durch die Bereitstellung kostenloser Tesla-Ladepunkte, die nicht dem deutschen Eichrecht entsprechen, torpediert. Ich kann es nicht mehr ertragen.
Was fällt dir jetzt ein?
Wir werden bald eine einstweilige Verfügung gegen Tesla beantragen. Ich plane, alle Tesla-Ladestationen abzuschalten, insbesondere die Geräte in Hotels und Restaurants. Unsere Anwälte rieten mir, dasselbe zu tun.
Denken Sie ernsthaft über Ihre Chancen nach? Sie übernehmen ein Milliarden-Dollar-Unternehmen.
Das werden die Gerichte entscheiden. Aber nach dem, was ich gehört habe, gibt es jetzt auch massive Bewertungen von anderen Konkurrenten. Gleiche Rechte müssen für alle gelten.
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Es hört sich so an, als ob die Anti-Tesla-Stimmung in der deutschen Ladesäulenbranche aufheizt.
Das tut es, aber nicht nur wegen Tesla. Hat im Allgemeinen mit harten Bandagen zu kämpfen. Früher hat man den Ausbau der Ladeinfrastruktur noch kooperativ vorangetrieben. Heute werden Abmahnungen ausgesprochen und Patente angefochten. Compleo ist so ein Beispiel…
… börsennotierter Ladesäulenhersteller aus Dortmund.
Compleo hat kürzlich angekündigt, zwei Patente über ein Lizenzmodell an andere Hersteller verkaufen zu wollen. Finanziell verständlich. Die Patente sind jedoch die Grundlage für eine Ladestations-Abrechnungssoftware, die Compleo im Rahmen einer Initiative gemeinsam mit mehr als 80 weiteren Unternehmen entwickelt hat. Dementsprechend zahlt ein Mitglied auf Kosten anderer. Das ist in der Branche sehr beunruhigend. Es ist möglich, dass es bald zu einem Gerichtsverfahren kommt.
Wird der Ausbau der Ladeinfrastruktur dadurch weiter verzögert?
Schwer zu sagen, zumindest macht es im Moment weniger Spaß. Ich bin jedoch der Meinung, dass dieses Schneiden und Stechen umsonst ist. Der Markt für Ladestationen ist groß genug. Es gibt viel Platz für mehr als nur zwei oder drei Anbieter. Die Frage ist vielmehr, wie wir es schaffen, bis 2035 eine ausreichende Ladeinfrastruktur aufzubauen. Das ist nicht viel Zeit, wenn man bedenkt, wie viele Elektroautos jedes Jahr hinzukommen. Die Industrie muss wieder zusammenarbeiten – einschließlich Tesla.