
Stand: 08.01.2023 15:13 Uhr
Kurz vor einer möglichen Räumung des Dorfes Lützerath haben Klimaaktivisten ihre geplanten Proteste angekündigt. Auch Luisa Neubauer und die Band AnnenMayKantereit sind am Sonntag dabei.

Die Zahl der Klimaaktivisten in Lützerath, die den Abriss des Dorfes am Rande des Tagebaus Garzweiler verhindern wollen, wächst stetig. Nach Angaben eines Vertreters der Initiative Ende Gelände befinden sich inzwischen mehr als 1.000 Demonstranten auf dem Gelände. Die Aachener Polizei schätzte am Sonntagnachmittag bis zu 1.500 Menschen.
Auch die Kölner Band AnnenMayKantereit kam nach Lützerath, die am Nachmittag ein Konzert in der besetzten Stadt spielen will. „Lützerath muss bleiben. Deshalb machen wir dort am Sonntag Musik“, schrieb Sänger Henning May auf Instagram. Ein Hinterschnitt bedeutete jedoch, dass der Konzertort nach drinnen verlegt werden musste.
Bereits am Vormittag wurde das Bündnis „Lützerath unräumbar“ vorgestellt, in dem sich neben Ende Gelände Organisationen und Initiativen wie Fridays for Future, All Villages Remain und Last Generation zusammengeschlossen haben. Die Verbände sehen Chancen, den Abriss des Dorfes Lützerath am Tagebau Garzweiler in letzter Minute zu verhindern.
Neubauer und die Gruppe AnnenMayKantereit werden erwartet
Auch Klimaaktivistin Luisa Neubauer wurde zu einem geplanten Spaziergang durch das Dorf erwartet – Lützerath besteht nur noch aus wenigen ehemaligen Höfen und Häusern. Laden Sie Unterstützer im Voraus ein, auch zu kommen.
„Die Politik traut sich noch nicht, das anzuerkennen, die Zivilgesellschaft schon“, sagte Neubauer. Die Holzkohle muss auf dem Boden bleiben. „Seit Jahren erleben wir die Auswirkungen des Klimawandels. Im Sommer 2022 wüteten die schwersten Waldbrände in ganz Europa. Die Zerstörung, die bisher von der deutschen Politik und Wirtschaft angeheizt wurde, muss gestoppt werden.“
Campact: Argument der Notwendigkeit widerlegt
In Lützerath brennen Barrikaden
Bild: WDR / Julia Küppers
Auch Vertreter von Campact, Greenpeace und dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisierten Bund und Länder in Nordrhein-Westfalen. Lützerath sei das Symbol des Protests gegen eine “ehrgeizige und mutlose Klimapolitik”, sagte Christoph Bautz von Campact. Das Argument der Regierung, der Tagebau sei energiepolitisch notwendig, wurde durch mehrere Gutachten widerlegt.
Karsten Smid von Greenpeace wies darauf hin, dass die CO2-Emissionen aus der Kohleverbrennung im vergangenen Jahr gestiegen seien. Damit wird deutlich, dass der Energiesektor und auch der Verkehrssektor die gesetzten Klimaschutzziele verfehlen.
Der Kampf um den Hambacher Forst hat gezeigt, dass man mit gesellschaftlichem Druck etwas erreichen kann – in diesem Fall den Erhalt des Waldes am Tagebau Hambach. Hoffentlich zahlt sich der Druck auf den Tagebau Garzweiler jetzt auch aus, sagte Dirk Jansen vom BUND. Gleichzeitig forderte er mehr Druck auf die Bundesregierung, ein Klimaschutz-Sofortprogramm umzusetzen.
Bürger bringen Essen zu den Aktivisten
Laut einer Sprecherin der Aktivisten gibt es bundesweit Unterstützung, auch aus der Bevölkerung rund um Lützerath. Das bestätigt Karsten Smid, Energieexperte bei Greenpeace. Unter anderem brachten Bürger Lebensmittel in das Lager der Aktivisten.
Es sei wichtig, dass alle Demonstrationen in den kommenden Tagen und Wochen friedlich blieben und es zu keiner Gewalt gegen Menschen komme, betonten die Vertreter von Umweltorganisationen.
Verfassungsschutz: Auch gewalttätige Menschen
Der NRW-Verfassungsschutz teilte der “Neuen Westfälischen” Zeitung, die diese Woche in Bielefeld erscheint, mit, dass sich in Lützerath inzwischen mehrere Dutzend gewaltbereite Menschen dafür einsetzen, dass der Ort bei Erkelenz nicht geräumt wird.
Klimaaktivisten hatten auch anderswo Aktionen geplant. In Köln blockierten am Freitagnachmittag etwa zehn Aktivisten der Gruppe Last Generation kurzzeitig eine Hauptstraße. Nach eigenen Angaben stellte die Polizei die Personalien fest und stoppte den Verkehr. Die Initiative „Lassen Sie die Kirche(n) im Dorf“ kündigte eine Aktion für Weihnachtslieder und Gebete in Lützerath an.
Unterdessen ging der Rechtsstreit um die drohende Räumung weiter. Das Verwaltungsgericht Aachen hat am Donnerstag das vom Kreis Heinsberg verhängte Lützerath-Verbot als “vermutlich rechtmäßig” bezeichnet und einen Eilantrag von Klimaaktivisten abgelehnt. Der Fall kam nun am Freitag vor das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster. Die Entscheidung stand noch aus.
Hinweise der Polizei werden am Montag erwartet
Die Polizei hat für Montag (23.09.23) eine Pressekonferenz angekündigt. Darin will er bekannt geben, wie die Räumung erfolgen soll. Hunderte Polizisten sind seit Tagen in Lützerath im Einsatz. Sie stellen die vorbereitenden Abwicklungsmaßnahmen von RWE sicher. Es hatte bereits Auseinandersetzungen mit Aktivisten gegeben.
Die Berichte zu diesem Thema WDR Ortszeit aus Aachen am 6. Januar 2023 auch im WDR Fernsehen und Hörfunk auf WDR 2.
Quelle: wdr.de