
Die mörderische Schwester von Wilsdruff
Geheimnisvolle Rituale, Legenden und Morde – das sind die Zutaten der Krimis von Sabine Lettau. Jetzt präsentiert sie ihr Neustes in Mohorn.

Autorin Sabine Lettau schreibt Krimis – ihr nächster spielt in ihrer Heimatstadt Wilsdruff. Im Zentrum steht die Jacobikirche.
© Norbert Millauer
Wenn Sabine Lettau am Computer arbeitet, kommen ihr manchmal die Tränen. Es passiert immer, wenn sie jemanden sterben lässt. “Ich finde es sehr schrecklich und tragisch”, sagt sie. Als ihr Mann und ihre beiden Kinder sie sehen, wissen sie: Sabine Lettau arbeitet wieder an einer Schlüsselszene in einem neuen Thriller.
Tatsächlich hatte Wilsdrufferin nicht die Absicht, Schriftstellerin zu werden. „Ich war schon immer eine begeisterte Leserin“, sagt sie. Aber sie hasste Schulaufsätze schon immer, besonders wenn sie nach den Sommerferien über „Mein schönstes Ferienerlebnis“ schreiben musste. „Für mich war das der pure Terror“, erinnert sie sich an ihre Schulzeit in Flöha.
Ihre Liebe zum Schreiben entdeckte die Diplom-Kauffrau erst später, nach Stationen in Berlin und Leipzig 1991 führte sie ihre Liebe nach Wilsdruff. Von 2003 bis 2015 war sie eine der Organisatorinnen von Kongressen zum Thema Nanotechnologie. Ein kompliziertes Thema. Ihre Aufgabe war es, komplizierte Sachverhalte so zu beschreiben, dass auch „Normalsterbliche“ sie verstehen. “Ich habe gemerkt, dass mir das Schreiben Spaß macht.”
Eine geheime Leidenschaft für Dark Romance
2019 wusste sie, dass sie Schriftstellerin werden wollte. Sie wollte Thriller schreiben, aber keine klassischen. „Schwarze Romantik ist meine heimliche Leidenschaft. Daneben meine Liebe zu Schlössern, alten Kirchen, Ruinen und den Legenden, die sich darum ranken.“ Ihr Vorbild ist die amerikanische Schriftstellerin Jana DeLeon.
Sie suchte Gleichgesinnte auf, um mit ihnen zu reden und sich Rat zu holen. „Dann habe ich die Regionalgruppe ‚Murder Sisters‘ entdeckt“, sagt sie. Hinter diesem ungewöhnlichen Namen steckt ein Netzwerk von mehr als 600 Krimiautoren im deutschsprachigen Raum. Sie stellte den Kontakt her und wurde aufgrund besonderer Umstände sofort Regionalleiterin Sachsen. „Ich habe noch kein einziges Buch geschrieben“, sagt sie lächelnd.
Die Polizei aus Rostock gab Einblick
Bevor sie sich an ihr erstes Buch setzte, bildete sich Sabine Lettau in Schreibseminaren weiter, studierte Kulturwissenschaften an der Fernuniversität Hagen und absolvierte ein Aufbaustudium zum autobiografischen Schreiben. “Hier habe ich mir das Handwerkszeug zum Romanschreiben angeeignet.”
Um das kriminelle Milieu besser zu verstehen, stehen sie und die anderen Autoren in Kontakt mit dem Leiter der Berliner Mordkommission im Ruhestand. Er kam auch nach Dresden und zeigte hier Bilder vom Tatort. Auch Polizisten aus Dresden und Rostock halfen. Hanseaten haben Tatorte in 3D gescannt und mit einer VR-Brille erkundet.
Ihre bisherigen Bücher handeln von mysteriösen Mauern, Legenden und Mord. “Meine Protagonisten müssen die Rätsel selbst lösen.” Den Anstoß zu ihrem ersten Buch gab eine Postkarte, die im Frühjahr 2020 auf ihrem Schreibtisch lag. Darauf war Ernst-Ferdinand Oehmes Gemälde Prozession im Nebel zu sehen. “Damit waren die Mönche im Nebel in meinem Kopf und jeden Tag wuchs die Geschichte weiter.”
Sie ließ sie in Dresden und an einem fiktiven Ort spielen, der an das Kloster Altzella bei Nossen erinnert. Das Lager für ihr zweites Buch „Mondscheinzimmer“, das Anfang November erschienen ist, fand sie bei einer Lesung auf Schloss Wildenfels. “Ich habe mich spontan in das Schloss verliebt.” Die Hauptfigur ist eine Frau, die im Nachlass ihrer Mutter einen wertvollen Ring findet und erfährt, dass es eine Familienlegende darüber gibt. “Sie forscht, aber andere Leute interessieren sich auch dafür.”
Ihr viertes Buch „Götzenkammern“ soll im Frühjahr 2023 erscheinen und spielt in ihrer Heimatstadt. Im Zentrum steht die Jacobikirche. “Dazu gibt es auch viele Legenden.” Es wird gesagt, dass es Geheimgänge gibt, in denen sich goldene Truhen befinden. Die Hauptfigur in diesem Thriller ist ein sechzehnjähriges Mädchen, das mit seiner Mutter von München nach Vilsdorf zieht und einen Fremden trifft, der sich nachts um die Jakobikirche herumtreibt. Und dann stolpert er über ein mysteriöses Ritual …
Ihr Mann Mario half ihr beim Schreiben – er ist ihm kein Unbekannter, denn er schreibt seit 20 Jahren Bücher über die Geschichte von Vilsdruffer. “Er hat geprüft, ob alles historisch korrekt ist”.
Frauen töten leise und heimtückisch
Und was macht den Unterschied zu ihren männlichen Kollegen? „Frauen schreiben anders“, sagt Sabine Lettau. Zwischenmenschliches spielt oft eine größere Rolle, wenige sind gewalttätig. Und Frauen töten anders – lautlos und heimtückisch. Sie verwendeten oft Gift. Frauen töten selten aus Zuneigung, es gibt meist großes Leid. “Es dauert oft lange, bis ihre Verbrechen ans Licht kommen.”
Aber Sabine Lettau will nicht nur Spaß haben. Ihre Frauenfiguren sollten Vorbilder für junge Frauen sein. Ihre Frauen sind nicht perfekt, aber sie stehen mit beiden Beinen auf dem Boden. Sie sind gut ausgebildet und warten nicht auf einen großen Retter. “Ich versuche, Frauen spannende Berufsbilder zu geben.”
Bisher hat sie ihre eigenen Bücher veröffentlicht. Doch vom Schreiben kann die Frau aus Wilsdruff nicht leben. Dafür, sagt sie, müsste man 14 oder 15 Bücher veröffentlichen. Derzeit ist das Bücherschreiben ihr „schönes Hobby. Es macht mich glücklich.“ Sabine Lettau stellt ihre Bücher bei Lesungen vor. Eine der ungewöhnlichsten hatte sie übrigens im Mai am Wilsdruffer Kleinbahnhof. “Es war ein Thriller mit Blasmusik.” Zwischen den Lesungen spielte ein Blechbläserquartett Filmmusik.
Nächste Lesung: 9. Dezember, 19 Uhr (Einlass 18.30 Uhr) im Bürgerhaus Mohorn (gefördert durch die Sächsische Kulturstiftung) mit Evelyn Kühne und Nora Gold, Eintritt frei. Eine Voranmeldung ist möglich [email protected]