
Als das Internet noch nicht als globale Informationsquelle zur Verfügung stand, konnten sich Neuankömmlinge oder Touristen in den entsprechenden Plattenläden der Stadt erkundigen, wo gerade die größten Konzerte und angesagtesten Partys stattfanden. Flyer und Plakate luden zu Ausstellungen, Lesungen und anderen kulturellen Veranstaltungen ein. Dank solcher Informationen kann eine fremde Stadt durch die Subkultur erschlossen werden. Doch während viele dieser Plattenläden zunächst von den Musikabteilungen großer Kaufhausketten und dann von Online-Händlern verdrängt wurden, feiert der Münchener Store Optimal Records am kommenden Wochenende an zwei Tagen sein 40-jähriges Bestehen: mit Konzerten im freiwillige Selbstkontrolle, Wozu sind Menschen da? und Naima Bock am Freitag, 2. Dezember in den Münchner Kammerspielen, und mit Moritz von Oswald, Saure Maria, Patrick Pulsinger und viele mehr wird am Samstag, 3. Dezember, in der Roten Sonne das Jubiläum eines Plattenladens gefeiert, der von Anfang an mehr als nur ein Kaufhaus war. Optimal Records war und ist gleichzeitig eine Haltung, ein Lebensgefühl, eine Gegenkultur.
Punk- und Indie-Platten aus London
Stattdessen kaufte Peter Wacha alias Upstart vor mehr als 40 Jahren in London Punk- und Indie-Platten, die in Deutschland noch nicht vertrieben worden waren. Wacha, der mit einem Fanzine auch mediale Aufmerksamkeit für die Popkultur jenseits des Mainstreams schaffen wollte, verkaufte seine importierten Platten bei Konzerten in München. Daran erinnert sich auch der Schriftsteller und Musiker Thomas Meinecke, einer der ersten Stammkunden von Optimal: „Ich kannte Upstart schon, als er seine 7 Zoll von einem Lippenstiftteller verkaufte. Sein Fanzine enthielt eine der frühesten Hommagen an meine Band, die 1980 gegründet wurde freiwillige Selbstkontrolle. Später durfte ich in seinem epochalen Techno-Club Ultrasound an die Decks gehen“, sagt Meineke über den Optimal-Gründer, der bislang die Punk-Idee des Do-it-yourself, die Idee des DIY erlebte. dass er später seine eigene Plattenfirma gründete und zusammen mit Gleichgesinnten legendäre Clubs wie Ultrasonic und Red Sun betrieb und betreibt.
Der umtriebige Visionär stand bald nicht mehr als Verkäufer für den Plattenladen zur Verfügung, den der damals erst 20-jährige Mann nach zahlreichen Absagen der Inhaber aufgrund seiner Jugend endlich eröffnen konnte. So wurde sein Kollege Christos Davidopoulos Geschäftsführer, der seinerseits die ursprünglich sehr musikorientierte Literaturecke von Optimal um Belletristik erweiterte.
Als die CD Vinyl vom Markt verdrängte, blieb Optimal dem Vinyl treu. Als Vinyl in den Onlinehandel zurückkehrte, blieben die Kunden Optimal treu. Denn Optimal in der Kolosseumstraße 6 ist – wie gesagt – nicht nur ein Geschäft, sondern ein Lebensgefühl. Bei diesem Lebensgefühl geht es nicht um Gewinnmaximierung, sondern um eine faire Wertschätzung der eigenen Arbeit und der anderer. Deshalb störte es Thurston Moore Sonic Youth Auch nicht, als er einen nicht autorisierten Live-Mitschnitt seines Konzerts auf einer Musikkassette fand. Anstatt um den Erlös betrogen zu werden, wollte Moore das Band kaufen. Christus Davidopoulos gab es ihm.
40 Jahre Optimal Records, Konzerte mit FSK, Naiama Bock und What Are People For?, Freitag, 2. Dezember, 20 Uhr, Kammerspiele, www.muenchner-kammerspiele.de, mit Moritz von Oswald, Acid Maria, Patrick Pulsinger und mehr, Sat. 3. Dezember, 20 Uhr, Rote Sonne, Maximilianspl. 5, www.rote-sonne.com